Wir wissen, dass Scrum in der Softwareentwicklung funktioniert. Kein Wunder - dafür wurde es entwickelt. Wir wissen außerdem, dass es als Instrument zur Organisationsentwicklung eingesetzt werden kann. Elemente daraus können auch für die Hardwareentwicklung und andere Situationen des betrieblichen Alltags genutzt werden. Scrum hinterlässt auch im privaten Umfeld seine Spuren: Wer die Prinzipien verinnerlicht hat, betreibt ständig "Inspect & Adapt", sorgt für Transparenz und fokussiert sich immer auf das Wichtigste. Bei dem ein- oder anderen hängt vielleicht sogar ein Backlog an der Wand...
Was ist mit der Politik? Auch dort müssen Themenfelder ausgewählt, "User Stories" (Gesetze, Eingaben, Petitionen, ...) mit dem höchsten Wert entwickelt und jedes "Release" (zur Wahl) fertige "Produkte" geliefert werden. Transparenz, Offenheit und Mut sind leider kaum erkennbar. Unsere aktuelle Regierung hat nichtmal "Fokus" zu bieten. Ein zielloses rumgeschubst-werden durch die "Stakeholder" ist an der Tagesordnung. "Inspect & Adapt" findet praktisch nicht statt - die gleichen Fehler werden immer wieder gemacht. Klingt eigentlich, wie die meisten Projekte, in denen ich unterstütze.
Wie könnte Scrum in der Politik aussehen?
Zunächst einmal stellen die Abgeordneten oder Parteimitglieder die Teams dar. Sie müssen schuften. Sehr gut: Endlich ein paar Pigs in der Politik
Die Minister und Parteivorstände könnte man als Product Owner betrachten. Sie geben die Richtung vor und entscheiden letztendlich, was auf die Tagesordnung kommt. Die Parteiprogramme (und Koalitionsverträge) könnte man als "Product Backlog" betrachten. Hier steht alles drin, was die POs erreichen wollen. Gestaltet werden sollten diese durch die Stakeholder - also uns, die Wähler. Da wir nur "fertige Produkte" ausliefern dürfen, sollte es für jedes Team eine "Definition of Done" geben. Neben den rechtlichen Aspekten könnte man dort z.B. auch einen Punkt "Wählermeinung abfragen" einbringen. Mit den heutigen modernen Kommunikationsinstrumenten sollte das zu vertretbaren Kosten umsetzbar sein. Natürlich muss dazu die Visibilität quer durch die Republik sehr hoch sein. Der Acceptance-Test ist dann die Abstimmung im Parlament (oder auf dem Parteitag). Lediglich den ScrumMaster vermisse ich noch. Wer sorgt für die Prozesseinhaltung? Wer moderiert und fokussiert die Beteiligten? Ich fürchte, dafür gibt es noch keine Entsprechung in der aktuellen Politik - bitter nötig wäre sie aber. Endlich einer, der weder Macht- noch inhaltliche Interessen verfolgt, sondern nur die Gesamtproduktivität und das persönliche Wohlergehen der Beteiligten im Sinn hat. Hach, wäre das schön!
In den alten, verkrusteten Parteien scheint mir ein so radikaler Ansatz nicht umsetzbar. Selbst die Grünen sind schon korrumpiert. Was bleibt, sind die Piraten (trotz des marketingtechnisch verheerenden Namens). Ich denke, ich sollte mal mit denen reden: Steuerbordbatterien klar, hart anbrassen, drei Strich nach Lee abfallen - diese Breitseite könnte etwas verändern.
Friday, July 8. 2011
Scrum in der Politik?
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